Club Cuba Gründerin Britta Rating spricht mit Prof. Dr. Curt Diehm, Direktor und Leiter der Max Grundig Klinik Bühler Höhe, Baden-Baden

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Herr Prof. Dr. Diehm, Sie behandeln seit über 20 Jahren täglich verschiedene ‚Managerkrankheiten‘ vom Herzinfarkt bis zum Burn-Out. Tanzen wird von Ihnen als medizinische Geheimwaffe  gehandelt. Warum?

 

Prof. Dr. Diehm

Medikamente helfen oftmals nicht wie gewünscht. Zudem treten häufig erhebliche Nebenwirkungen auf. Der positive Effekt beim Tanzen besteht darin, es wirkt sich direkt auf den seelischen Zustand aus und trainiert den Körper durch das Abrufen von Schrittfolgen auf vielfältige Weise; Ausdauer, Flexibilität, Rhythmusgefühl, Schnelligkeit, Aufmerksamkeit, Langzeit-und Kurzzeitgedächtnis.

 

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Welchen tiefgreifenden pharmakologischen Effekt hat das Tanzen auf unseren Körper?

 

Prof. Dr. Diehm

In Studien wurde belegt, dass Salsa zu einer hohen Endorphin Ausschüttung führt. Das kann sich sehr positiv auswirken bei Menschen mit Angststörungen oder mit depressiven Episoden.

Dann ist Salsa ist ein hervorragendes Ausdauertraining. Wer abnehmen möchte sollte tanzen. Beim Salsa tanzen verbrennt man etwa 10 cal/min. Zudem haben Untersuchungen gezeigt, dass Salsa wie Ausdauertraining die Cholesterinspiegel positiv beeinflussen kann. Das gute HDL Cholesterin steigt an und das ungünstige LDL-Cholesterin sinkt beträchtlich.Zu dem trainiert Salsa die Gehirnfunktion, die für Koordination und Konzentration aber auch für das Wohlgefühl zuständig sind.

 

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Ist Tanzen das neue Yoga?

 

Prof. Dr. Diehm

Warum nicht. Tanzen macht glücklich, das ist schon lange kein Geheimnis mehr, nur ist man dabei nicht allein wie auf der Yogamatte, auf dem Hometrainer oder beim Gewichte heben. Die soziale Komponente und Interaktion spielt eine sehr wichtige Rolle in unserer schnelllebigen Zeit. In jedem Fall hilft Tanzen beim „Herunterkommen“ nach der Arbeit. Es reduziert massiv den Stress, beeinflusst den emotionalen Zustand und das subjektive Wohlbefinden.

 

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Entscheider, Influencer und Führungskräfte scheinen häufig eher Marathonläufer als Tänzer zu sein. Wie können wir sie aufs Parkett bekommen? 

 

Prof. Dr. Diehm

In der modernen Lebenswelt von Führungskräften findet Tanzen leider viel zu wenig statt. Es gilt als altmodisch und wird auf seltene Gelegenheiten beschränkt. Eine Fehlentwicklung, denn seit Menschengedenken spielt Tanz in allen Kulturen eine wichtige Rolle. Bevor unsere Vorfahren schreiben konnten, bewegten sie sich tanzend. 

 

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‚Sitzen‘, gilt als das neue ‚Rauchen‘. Hinzu kommt eine steigende Reizüberflutung im Alltag und ständig wachsende Herausforderungen. Wieviel Tanzeinheiten verordnen Sie?

 

Prof. Dr. Diehm

Regelmäßiges Tanzen ist wesentlich protektiver für das Herz als Ärzte bisher dachten. Am besten jeden Tag. Je häufiger desto besser. Auf einer der letzten Tagungen der Europäischen Kardiologengesellschaft in Barcelona wurde die Studie eines mexikanischen Kollegen, die zeigt, dass Tanzen ähnlich effektiv wie Fahrradfahren sein kann.

 

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Wir setzen im Club Cuba ja besonders auf die Lateinamerikanischen Tänze. Was sagt die Studie über Salsa?

 

Prof. Dr. Diehm

Herzpatienten tanzten im Rahmen der Studie täglich 30 Minuten mit einem professionellen Tanzlehrer Salsa, Rock’n’Roll oder Blues. Eine Vergleichsgruppe absolvierte gleich viele Trainingseinheiten auf dem Fahrrad. Das Ergebnis: Die „Tanzgruppe“ steigerte ihre Trainingskapazität um 28 Prozent. Die Gruppe auf dem Heimtrainer um 31 Prozent. 

 

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Jeder zweite wird 2020 laut WHO Bericht (2018) von psychischen Erkrankungen und Angststörungen betroffen sein. Die Krankheitsverläufe wirken sich weltweit eklatant auf die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen aus. Milliarden werden künftig in neue Therapien investiert werden müssen. Wo sehen Sie die Zukunft?

 

Prof. Dr. Diehm

Tanzen tut der Seele gut. Es gibt viele Menschen, die mithilfe des Tanzens Lebenskrisen überwunden haben. 2012 zeigte eine Studie der North Dakota Minot State University, dass Latein-Tänze nicht nur die Stimmung verbesserten, sondern auch kognitive Fähigkeiten des Gehirns, wie Entscheidungsfähigkeit und räumliches Denken.  

 

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Welche Rolle spielt die Musik dabei?

 

Prof. Dr. Diehm

Sie ist sehr wichtig für unsere innere Balance. In den renommiertesten amerikanischen Kliniken wie der Mayo Klinik und dem Massachusetts General Hospital, kommt Musik bei vielen chronisch kranken Patienten zum Einsatz.  Musik ruft Emotionen hervor und wird deshalb auch in der Schmerztherapie und gegen Depressionen eingesetzt. Die Musik- und ich meine nicht Hard Rock und Techno- spielt eine große Rolle in Bezug auf die Psyche und das Wohlbefinden unserer Organe. Die Neuroforschung liefert uns zunehmend Beweise in diesem Zusammenhang.

 

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Die Neurowissenschaften haben auch entdeckt, das Tanzen schlau macht. Stimmt das?

 

Prof. Dr. Diehm

Tanzen sorgt für neue, positive Vernetzungen im Gehirn. Eine aktuelle Studie des Albert Einstein College in New York beweist die These. Die Untersuchung zeigt, dass Tanzen dem Absterben von Nervenzellen in der Gehirnrinde vorbeugt, Zellen, die für das Gedächtnis, Denkvermögen und die Sprache verantwortlich sind. Hinsichtlich der Prävention von Demenz, Parkinson und Alzheimer ist Tanzen die beste Medizin.

 

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Die Kinder von heute, sind unsere strahlende Zukunft. Doch wenn jedes 7. Kind in den Industrieländern an Übergewicht leidet, Depressionen unter den Studenten rapide steigen, ADS und ADHS um 26% in den letzten Jahren gestiegen sind, wo fängt man an?

 

Prof. Dr. Diehm

Je früher desto besser! Singen verbessert bei Kindern die Sprachfertigkeit, Tanzen die Koordination, Konzentration und die Flexibilität bis ins hohe Alter. Neuere Forschungsergebnisse zeigen auch dass Musik und Tanz die Immunabwehr stärken können und damit Erkältungen vorbeugen. Seit langem ist bekannt, dass Musik vielen Menschen bei Schlafstörungen hilft.  

 

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Die grandiose Tänzerin und Choreografin Pina Bausch sagte: Tanzt, tanzt, tanzt, bevor ihr verrückt werdet. Was ist die Quintessenz für unsere Gesellschaft?

 

Prof. Dr. Diehm

Am besten  sollte es ‚Tanzen auf Rezept‘ geben und bereits in den Kindergärten und Schulen regelmäßig gesungen und täglich getanzt werden. Es senkt das Aggressionspotenzial, steigert den Selbstwert und das Gemeinschaftsgefühl.

Auf den Manageralltag übertragen, bedeuten all diese Erkenntnisse: Musik hören und Tanzen sind sehr probate Mittel gegen Stress und negative Stimmungen. 

 

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Prof.Dr. Diehm, vielen Dank für das Gespräch.

Wir müssen an dieser Stelle dennoch auf die Risiken hinweisen. Salsa macht süchtig.